Es fasziniert mich. Obwohl ich als Astrofotograf die unvergleichliche Ästhetik des Tag- und Nachthimmels kenne, passt das Fotografieren des Verfalls irgendwie so gar nicht in das thematische Portfolio meines Schaffens. Und doch ist das Erkunden verlassener Häuser eines der größten Abenteuer in unserer schnellebigen Zeit. Für mich.
Wer hat hier gelebt? Wie viele Menschen sind hier ein- und ausgegangen? Wer hat sich hier einmal gefreut, gefeiert, gelacht, geweint und gewartet? Was wurde an Weihnachten verschenkt, und was gab es zu Essen? Wie sah es wohl zu den aktiven Zeiten hier aus, als alles belebt und ordentlich war? Das sind Dinge, die mich gedanklich bei meinen Fototouren durch Jahrzehnte der Geschichte begleiten.
Daneben werden aber alle Sinne für das Erfassen der Situation gebraucht. Wo sind die hellsten Lichter im Bild? Droht der dunkle Teil des Bildes mit der Decke abzusaufen? Welche Blende ist hier die richtige, um mit Schärfe und Unschärfe das Wesentliche vom Überflüssigen zu trennen? Von wo wirkt der Schattenwurf am bedrohlichsten?
Das wichtigste Bildgestaltungsmittel ist das Licht. An trüben Tagen ein trübes Objekt zu fotografieren ist verlorene Zeit! Genau wie die Fotografie des Sternenhimmels muss möglichst klarer Himmel herrschen und die Sonne scheinen. Nur so kann ich den alten Mauern ihr schlimmstes Aussehen entlocken.
Meine Vorgehensweise... In einem Raum mit kleinen Fenstern können Wände unmöglich vom Licht durchflutet sein. Daher belichte ich stets auf die hellen Flächen eines Motivs. Ich strebe möglichst "ehrliche" Belichtungen an, die den tatsächlichen Zustand der Umgebung wieder spiegeln.
Ein zu dunkles Motiv ist eben kein sinnvolles Motiv, wenn es sich nicht anderweitig vom Rest des Bildes abheben kann. Ich arbeite grundsätzlich nur mit Stativ und ISO160.
So erreiche ich einen größtmöglichen Kontrast- und Belichtungsumfang - eine Notwendigkeit der der nachträglichen Korrektur der Rohdaten-Bilder. Zur Korrektur gehören Fehlabbildungen des Objektives. Schon bei der Aufnahme achte ich auf möglichst parallele Abbildung, um stürzende Linien und schiefe Horizonte im Vorfeld ganz zu vermeiden. Wenn dies der Aufnahmewinkel nicht zulässt, hat das Bild meist keine Aussagekraft. Die beste Bildkorrektur ist immer noch - keine Korrektur!
Und ohne Sonnenschein... keine Fototour! Dramatische Wolken sind kein Hindernis, wenn die Sonne dadurch nicht permanent ausgeblendet wird.
Innendrin: Meist beginne ich meine Reise durch alte Gemäuer ganz oben, unter dem Dach oder dem obersten Stockwerk. Zum einen dient dies der Erkundung zum Verschaffen eines Überblickes der interessantesten Zimmer. Andererseits sind im Regelfall die obersten Stockwerke am meisten der Witterung durch undichte Dächer ausgesetzt und zeigen den größten Verfall, was wiederum der maroden Bildqualität zugute kommt.
Dies alles geschieht nicht ohne Gefahr. Mein Blick geht zuerst nach unten, nach oben und schließlich bewege ich mich investigativ vorwärts. Nur auf einsehbaren Boden darf getreten werden - niemals auf den Boden bedeckende Gegenstände!
Zu groß ist die Gefahr, dass genau darunter ein Loch im Boden klafft, dass vielleicht aus einer Schadstoffbestimmung stammt und nicht offenkundig einsehbar ist. Herunter hängende Decken und Treppen sollten Mahnung genug sein, nicht des Bildes wegen sein Leben zu riskieren.
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: : : Das Leben geht woanders weiter : : : Einsame Plätze - Aufgegebene Wohnstätten - Unterkünfte ohne Zukunft Worum geht's? Zu den Gebäuden und Anlagen, die ich besucht habe, gibt es einen ergänzenden Bericht, in dem ich im Regelfall auf die Historie und Nutzung der Objekte eingehe. Außerdem schildere ich meine Erlebnisse und Eindrücke, die ich während der fotografischen Exkursionen machte. Ich mache aus Sicherheitsgründen keine Ortsangaben oder Details zu den Gebäuden, was vorrangig der Vermeidung von Vandalismus dienen soll. Mit den Fotos gehe ich neue, gestalterische Wege. Wenn Gebäude Ihre Aufgabe erfüllt haben und dem Menschen nicht länger als Unterkunft dienen, so sind sie bis zu ihrem Verschwinden aus der Landschaft dem langsamen Verfall unterworfen. Vor allem Regen, Kälte und Feuchtigkeit nagen an der Gebäudesubstanz. Die umgebende Natur holt sich langsam, Stück für Stück, wieder ihr Territorium zurück. Bis der Abrissbagger kommt. Die Welt hinter dem Bauzaun entwickelt ihre eigene Dynamik. Das Leben geht woanders weiter Was nicht besonders einladend klingt, ist die Basis für eine schier unerschöpfliche Wiedergabevariation von Licht und Schatten in einer Welt, in der sich nichts mehr zum Guten wenden wird. Es ist die Spielwiese für fotografische Gestaltungsmöglichkeiten an einem Ort, wo die Zeit stehen geblieben ist. Eine Umgebung, die nur noch ein stummer Zeuge mit wenigen Überbleibseln der Vergangenheit ist. Hier beleuchten keine Lampen mehr den Raum. Nur noch das Tageslicht erhellt wetterabhängig die verlassenen Räume und gestaltet einen bizarren Anblick in den Stuben einstiger Wohnstätten des Menschen. Wo sind die Grenzen? Erst ein überlegtes Bild in einer ungewohnten Umgebung schafft einen einmaligen Eindruck. Die Gebäude, die ich besuche, sind im Regelfall bereits zum Abriss vorgesehen. Hier bewährt sich eine alte Regel als alternativen Schlüssel zum Erfolg: Bei Fragen einfach fragen... und ein klein wenig Geduld! Dabei vergesse ich nicht, dass es sich um ein Hobby handelt ohne finanzielle Hintergründe. Ich bin mir lediglich nicht sicher, was bei den Erkundungs-Touren spannender ist: Die Fotografie oder das Entdecken des Unbekannten.
Hinweis: In Deutschland gilt das Recht der sog. Panoramafreiheit. Das bedeutet, dass man Gebäude von allgemein zugänglichen Stellen genehmigungsfrei fotografieren darf. Zu den Standorten und Adressen der gezeigten Häuser gebe ich keine Details an. Außerdem sind die Bildergalerien anonymisiert, d.h. durch im Bild erfasster Hintergrund, der auf den Standort schließen könnte, wird unkenntlich gemacht. Das ungenehmigte Betreten unbewohnter Gebäude ohne Absperrung wird als Hausfriedensbruch geahndet. Kontakt: (info >ätt< kernschatten.info)
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