Report einer eher wechselhaften Vollmondnacht Das war "unsere" partielle Mondfinsternis vom Donnerstag, 7. September 2006 Partial Lunar Eclipse - SAROS 118 (51/74) - so gesehen von Alexander Birkner & Manfred Haberstroh - |
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Neu gestaltet 25. September 2006 Zugegeben - eine Mondfinsternis, bei der unser kosmischer Nachbar gerade mal zu 19% in den Kernschatten von Mutter Erde eintaucht, ist nun nicht gerade das spektakulärste Ereignis am irdischen Himmel. Aber den Reiz des Mystischen hat es trotzdem. Und ein Pflichtprogramm sind sie für den interessierten Finsternisjäger ohnehin dann, wenn sie ohne Reisekosten direkt von zuhause gesehen werden können... wäre da nicht der Unsicherheitsfaktor Wetter. Doch genau das macht die Sache im Vorfeld so spannend. Schon in den Tagen vor dem 7. September, einem Donnerstag, studiere ich wie immer die Wolkenprognose-Karten der diversen Wetterdienste im Internet. Mitunter die größte Treffsicherheit boten schon in der Vergangenheit stets die Modellrechnungen der OCEANOR. Und es kommt wohl, wie es kommen muss. Nach diesen Berechnungen hält sich eine Schönwetter-Zone von Montag bis zum Donnerstagabend, dem Tag der Finsternis. Bereits am frühen Nachmittag sollen sich demnach erste Zirrus-Wolkenfelder einer heranrückenden Kaltfront aus Skandinavien breit machen. Bis etwa 20 Uhr (4 Minuten vor Beginn der partiellen Phase) sollen dann die ärgsten Regen- und Gewitterwolken über das Saarland hinweggezogen sein und einen Flickenteppich aus Wolkenlücken hinterlassen, die wiederum nach und nach abziehen. Diese Prognose finde ich in etwas weniger dramatischer Form auch bei Meteoblue aus der Schweiz, Meteoliguria aus Italien und wunderground.com. Und als dann der Donnerstagnachmittag da ist, trifft diese Prognose auch mit erschreckender Genauigkeit ein. Die schwülwarmen 26°C Lufttemperatur werden durch die immer dichter werdende Wolkendecke verstärkt. Wind kommt auf. Immer wieder werfe ich von meinem Arbeitsplatz einen Blick auf das Wettergeschehen. Zeitweilig ist der Himmel von schweren, dunklen Wolken verhangen, hier und da fallen ein paar Regentröpfchen. Ich verabrede mich mit Manfred Haberstroh zum gemeinsamen Spechteln auf den 439m hohen Feldern in Hierscheid. Dieser Platz in der Mitte des Saarlandes ist ganz hervorragend für Beobachtungen des Ost- und Westhorizontes geeignet. Der Blick zieht sich in diese Richtungen über unendliche Tallagen des Saarlandes. Als wir schon frühzeitig gegen 18.00 Uhr hier ankommen, suchen wir uns zunächst einmal einen windgeschützten Platz für unser Vorhaben. Zwar sind zu unserer Freude die Wolken fast vollständig gewichen, doch der Wind hat kräftig zugelegt. Wir fahren weit über ein hügeliges, abgemähtes Stoppelfeld bis zu einem Waldrand, der für unser Vorhaben den Wind bestens abblockt. Ich baue meine Reisemontierung, eine EQ2 auf einem Berlebach-Holzstativ und die zugehörigen Kamerasets auf. Das ist heute Abend die 1000mm Russentonne mit der EOS 350d und auf der (umgebauten) Gegengewichtsseite das kleine 500er-Maksutov mit einer Canon EOS 10d. Für die Bequemlichkeit tariere ich die Montierung möglichst genau aus und schließe den Nachführ-Motor für die Stundenachse an. So kann ich mich gut visuell mit der Mondfinsternis beschäftigen und brauche nur die Kameras zu bedienen, die dem Mond "hinterherlaufen". Nach 20 Minuten ist der Aufbau erledigt und es bleibt noch viel Zeit. Zeit, in der noch einiges passieren kann, was die Wolken angeht. Um 19.00 Uhr ist der Himmel bis auf eine dünne Wolkenbank im Osten fast perfekt klar und die Sonne neigt sich schon sehr dem Westhorizont entgegen. Eine trügerische Idylle. Indes ist der Mond - noch unter dem Horizont stehend - seit 18:36 Uhr in den Halbschatten der Erde eingetreten. Da gesellt sich ein Spaziergänger an unseren Platz am Rande des Stoppelfeldes zu uns. Die Aufbauten machen ihn neugierig, und er ist ganz überrascht, als wir ihm von der bevorstehenden Mondfinsternis berichten. Wir plaudern noch ein wenig, dann verlässt uns der Spaziergänger und wünscht uns das nötige Quäntchen Glück, dass wir wohl brauchen werden. Denn um 19.45 kommt die angekündigte Gewitterfont mit rasender Geschwindigkeit auf uns zu. Noch während die blutrote Sonne dem Westhorizont entgegenstrebt, verändern sich die Farben in der Umgebung rasant. Die Windböen pfeifen um uns, ein heftiger Blätterregen vom Wald geht über uns nieder. Dichte, schwarze Wolken nehmen fast den gesamten Himmel ein, in der Ferne regnet es in den Tälern. Um 20.00 Uhr ist die Sonne hinter einer Westwolken-Bank verschwunden, jetzt wird es richtig ungemütlich hier oben! Ein Gewitter hier auf freiem Feld wäre nicht gut. Doch genau das scheint bald loszugehen. Der Wind stürmt über die hügeligen Ebenen des Stoppelfeldes. Bedrohlich und enorm schnell rollen die Dunkelwolken über uns, irgendwie sehr beeindruckend. Völlig undenkbar, den aufgehenden Finsternismond auch nur ansatzweise im Osten sehen zu können. Leichte Regentröpfchen fallen, und das ist das Zeichen für uns, hier mit den Autos verschwinden zu müssen. Würde ein Starkregen niedergehen, hätten wir keine Chance, durch das matschige Stoppelfeld zum Hauptweg zurückzukommen. Hastig und verärgert nehme ich die Montierung vom Stativ, entferne die Kameras und verstaue alles auf der Rückbank meines PKW. Doch alles Jammern nützt ja nichts, schließlich siegt die Vernunft. Am Rande des Hauptweges angekommen heißt es erst einmal abwarten, denn so schnell wollen wir uns nicht geschlagen geben und warten, ob der Wolkenvorhang wieder fällt. Inzwischen erfahre ich per Telefon von Wolfgang Ott, dass auf der Schwäbischen Alb derzeit ein Gewitter tobt und von einem verfinsterten Mond auch nichts zu erahnen ist. Geteiltes Leid. Mittels Manfreds Funkgerät erfahren wir via PMR-Gateway (=People Message Radio), dass auch in Hamburg alles dicht ist - no eclipse visible! Marc Weihrauch erreiche ich nicht per Handy, auch Stefan Krause in Bonn ist unerreichbar und hoffentlich mit Spechteln beschäftigt? Nach 20 Minuten des Wartens tut sich von Nord-Nordost her eine Wolkenlücke auf, die rasch in östliche Richtung zieht. Ein Blick in Richtung des gerade mal 3 Kilometer entfernten Eppelborn zeigt mir, dass es dort derzeit kräftig regnen muss. Wir haben Glück. Und dann ist es soweit! Um 20:25 beginnen die Wolken im Osten, seltsam zu leuchten. Schnell sattle ich die Canon EOS 350d mit der kleinen 500er-Russentonne (f8) auf den Berlebach-Stativkopf. Für die Montierung aufzubauen bleibt keine Zeit. Mit dem 28mm-Weitwinkel-Objektiv der Canon EOS 350d mache ich 9 Einzelaufnahmen der gesamten Umgebung als Rundum-Panorama. Darauf ist sehr schön die Wolkenverteilung im Zeitraum zwischen 20:24 - 20:26 Uhr zu erkennen, als die Aufnahmen entstanden sind. In Ost-Südost steht der bereits im Kernschatten befindliche Mond. Unser erster Beobachtungsplatz lag zunächst am rechten Rand des zwischen Nord und Ost erkennbaren Wäldchens. Zum Vergrößern einfach auf das Bild klicken.
Und dann: Ein schwaches Glimmen plötzlich - ein Aufschrei von Manfred und mir: Da isser ja!!! Geradezu widerwillig geben die Wolken den gelbrot schimmernden Mond wieder frei. Noch sieht es suppig aus, und um 20:28 Uhr sehen wir die partielle Mondfinsternis in ihrer ganzen Pracht! Juchuu! Ein kleines, dunkles Käppchen ist deutlich an der Nord-Nordost-Kalotte des Monds zu sehen. Dort herrscht eine totale Sonnenfinsternis. Auf mich wirkt die Färbung dieses Bereiches grau-brau, wobei grau dominiert. Und ganz typisch ist die nicht ganz so grell wirkende, restliche Mondscheibe, denn sie steht vollständig im Erd-Kernschatten. Das ist wirklich eine Frechheit: Als ich mich umdrehe, sehe ich die Sterne des großen Wagen am Himmel - es ist fast wieder glockenklar! Wären wir nur an unserem ersten Platz auf dem Stoppelfeld geblieben, dann hätte ich bequem mit 2 Brennweiten arbeiten können. Aber das war nun wirklich nicht vorhersehbar. Wir können froh sein mit der Situation, die wir jetzt haben. 20:51 Uhr MESZ Der Mond steht nun maximal im Kernschatten der Erde. Nun wirkt die runde Kappe am nördlichen Mondrand in einem pastellähnlichen grau-rotbraun. Dieser Anblick ist faszinierend und spannend. Und eine Langzeitbelichtung zeigt nun auch mit stehender Kamera deutlich eine Rotfärbung der Mondoberfläche im Kernschattenbereich. 0,7 bis 1 Sekunde sind schon ausreichend, um den Effekt zu zeigen. Hin und wieder huschen ein paar Zirrus-Wolkenreste über Luna, der momentan eine sehr fotogene Figur macht. Was für ein Erfolg, die "greatest eclipse" doch noch sehen zu können.
Indes meldet sich Wolfgang Ott von der Schwäbischen Alb zurück. Noch immer tanzen die Blitze umher, keine Spur Mond. Es bleibt mir noch Zeit, ein neu erstandenes 300mm Sigma-Apo-Objektiv auszuprobieren. In das Licht der nautischen Dämmerung mischt sich der Schein des gelben Mondes und färbt den Boden seltsam grau. Manfred und ich sind sehr, sehr zufrieden. Eine Spaziergängerin wundert sich ob der Fototechnik hier oben, auf den Hierscheider Höhen. Und hier alle Phasen der Finsternis im Überblick: Zum Vergrößern auf die Bild klicken.
Um 21.20 erkenne ich deutlich die Verschiebung der Schattenkappe in Richtung des Nordwest-Bereiches am Mond. Und da rollt wieder völlig überraschend eine riesige Wolkenwalze aus Westen heran und verdunkelt den Himmel nun erneut. Doch wir wollen nicht zuviel verlangen und sind wirklich froh mit dem, was wir sehen konnten. Ich wette mit Manfred, den Mond noch vor Ende der partiellen Phase ein weiteres Mal zu sehen und verliere damit eine Flasche Bier an meinen Wettpartner! Ende der Vorstellung. Ein rabenschwarzer Wolkenvorhang beendet die Show: zum Vergrößern wieder auf die Bilder klicken Nun beenden wir unsere Mofi-Tour mit Wetterkapriolen und sind uns einig, das beste gesehen zu haben. Zeit zum Einpacken. Der Himmel ist fast völlig dicht. Ein flüchtiger Blick auf die digitalen Fotos am Monitor der Kamera, und wir verlassen den Platz. Als ich 5 Minuten später den Ortseingang von Eppelborn erreiche, ist es kurz vor 22.00 Uhr. Es ist wieder völlig klar geworden, alle Wolken sind weg. Die partielle Phase ist seit etwa 20 Minuten vorbei, und der Mond steht noch größtenteils im Erd-Halbschatten. Daher leuchtet er auch nicht so grell wie sonst bei Vollmond. Doch auch dieser Vergleich gelingt mir im heimischen Garten, nachdem ich zuhause die Ausrüstung des Abends im Keller verstaut habe. Die Helligkeit dieses in Erdnähe (der geringste Abstand für ganz 2006) stehenden Vollmondes ist nun um 23.00 Uhr wieder so extrem, dass man die Mare kaum in ihrer Struktur erkennen kann. Es ist gleichzeitig der Zeitpunkt, als der Mond den Erdhalbschatten vollständig verlassen hat. Ein erfahrener Beobachter kann aber durchaus erkennen, wen die Mondscheibe schon zur Hälfte in den Erd-Halbschatten eingetreten ist. Kein Grund zur Klage, eigentlich. Und so beende ich diesen erfolgreichen Abend mit dem Verfassen eines ersten Kurzberichtes für die Internetseite. Und ich frage mich, wann ich meinem Töchterchen Jana zum ersten Mal eine Mondfinsternis vom heimischen Garten zeigen kann. Die kommende Totale am 3. März 2007, in 6 Monaten also, ist dafür noch nicht geeignet. Aber eines Tages wird es soweit sein! Fest steht, dass ich die kommende, totale Mondfinsternis am 3.3.2007 in Coimbra/Portugal bei meinem Schwager Jürgen und seiner Familie, vielleicht bei einem oder zwei Gläschen Portwein, auf deren Gartenterrasse erleben möchte. Also auf zur nächsten Jagd auf den roten Mond in 6 Monaten! Alexander Birkner, 25. September 2006 Der Bericht von dieser Mondfinsternis ist auch als Buch erhältlich! zurück zu kernschatten.info-Startseite (c)2006 Alexander Birkner - www.kernschatten.info - |