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Alexander Birkner, 22.12.2011

Das Ende einer Mondfinsternis - Grenzerfahrung bei Luxemburg!

Die Totale Mondfinsternis

vom Samstag, 10. Dezember 2011.

TLE 2/2-2011  SAROS 135 (23/71)

Beobachtet von Alexander Birkner & Manfred Haberstroh


Kontaktzeiten und Fahrplan der Finsternis

P1 : 11:33:32 UT (Beginn der Halbschattenphase)

U1 : 12:45:42 UT (Beginn der 1. partiellen Phase)

U2 : 14:06:16 UT (Totalität beginnt)

Umax : 14:31:48 UT (Mond am tiefsten im Erdkernschatten)

U3 : 14:57:24 UT (Totalität endet, 2. partielle Phase beginnt)

U4 : 16:17:58 UT (2. partielle Phase endet)

P4 : 17:30:00 UT (Halbschattenphase endet - Finsternisende)

Dauer der gesamten Mondfinsternis: 05h 56m 28s

Dauer der Totalität: 51m 08s

 

Unser Beobachtungsplatz:

GSM-Sendeanlage bei Sinz/westliches Saarland

 

Latitude: 49°31'20.6'', Longitude: 6°26'53.9'', Altitude: 400 meters

Lokalzeit für Mondaufgang: 15:33:18 UT (Refraktion berücksichtigt)

Lokalzeit für Sonnenuntergang: 15:32:59 UT (Refraktion ber.)

Zweite, partielle Phase endet (U4): 16:17:58 UT, Alt 5°

Halbschattenphase endet (P4): 17:30:00

 

Bildquelle: Google Earth 2011

 

 


Unser Erlebnisbericht von diesem überraschenden Tag

Hinweis: Zeitangaben hier im Bericht sind in MEZ Ortszeit

 

Anders als zur vorangegangenen, grandiosen Mondfinsternis vom 15. Juni dieses zu Ende gehenden Jahres 2011 haben Manfred und ich bei den Vorplanungen für diese Dezember-Mofi keine allzu großen Erwartungen. Der Termin dieser Finsternis liegt ungünstig  am 10. Dezember, wenn in Deutschland mit bis zu 80% Bewölkung gerechnet werden muss. Ausgerechnet ein Horizont-Ereignis zum Mondaufgang steht bevor. Zudem bekommen wir im Saarland nur etwa die Hälfte der letzten, partiellen Phase dieser Finsternis zu sehen. Vom Erkennen eines Roten Mondes ist ganz zu schweigen, da zu diesem Zeitpunkt die Sonne gerade erst untergeht. Der noch im Kernschatten der Erde befindliche Teil des Mondes wirkt dadurch quasi unsichtbar - so zumindest unsere Erfahrung, die wir bei der Totalen Mofi vom

15. Mai 2003 sammeln konnten. Trotzdem: Der Mix all' dieser Unwägbarkeiten machte die Angelegenheit gerade im Vorfeld so reizvoll. Wenn es etwas zu sehen geben sollte, wie würde es aussehen?

 

Die Möglichkeit einer Kurzflug-Reise in weiter östlich gelegene Länder verwerfen wir wieder, obwohl es von sunexpress oneway-Tickets für 44,- Euro gibt. Und auch eine weite Autofahrt ist beruflich bedingt im Dezember für mich eher ungünstig, obwohl man an der Ostseeküste beispielsweise noch einen Rest Totalität erleben könnte - theoretisch.

 

Wir bleiben dabei - Eclipse in Heimatnähe! Es kommen nur Orte in unserer saarländischen Heimat infrage. Den Aussichtspunkt auf die malerische Saarschleife bei Mettlach/Cloef müssen wir aufgeben, weil der Mond-Aufgangspunkt bei Azimuth 54° dort durch eine Bergflanke verdeckt wird. Am Hierscheider Windrad bei Eppelborn ist der Blick zum Osthimmel mit stellenweise 1-2°durch ferne Bergrücken etwas eingeschränkt. Manfred schlägt schließlich einen Feldweg vor bei Sinz, unweit der Landesgrenze zu Luxemburg. Dort hat man einen fast perfekten Rundum-Blick und ist zudem ungestört, da es sich nicht um einen Wanderweg handelt.

 

Samstag, 3. Dezember 2011 - 2. Advent

 

Üblicherweise sind 10-Tages-Wetterprognosen ziemlich unsicher und können allerhöchstens als ersten, groben Trend für eine Region dienen. Überraschender Weise wird aber schon am 3.12. auf wetterspiegel.de und wetter.com im Internet genau das selbe wie in der Wochenprognose des ZDF prognostiziert: Ein kurzes Zwischenhoch soll sich zum 3. Adventswochenende mitten in Deutschland etablieren. Unbekannt ist nur, in welchem Umfang und wann genau es eintreffen wird, so die Worte des Moderators. In den folgenden Tagen schwankt die Regenwahrscheinlichkeit für den Finsternis-Samstag zwischen 20-40%. Das ist im Vergleich zu den sonst üblichen - und leider wahren - 60-90% Regenwahrscheinlichkeit in dieser Woche sehr wenig. Kräfte Böen peitschen den Starkregen immer wieder durch die Straßen des Saarlandes, gefolgt von kurzen Pausen mit blauem Himmel. Das ist auch am Vortag der Finsternis so. Dabei wird auf dem Weg zur Arbeit mein Schirm ramponiert.

 

Samstag, 10. Dezember 2011 - 3. Advent: Der Tag der übrig gebliebenen Mofi

 

Die Aussicht auf Wetterbesserung war angekündigt. Zunächst startet der Samstagmorgen mit komplett weißem Himmel. Hochnebel ist aufgezogen, das ist eigentlich jetzt ein gutes Zeichen. Radio Salue meldet für den Tagesverlauf viel Sonnenschein, und gegen Mittag vertreibt die Sonne tatsächlich die Nebelschwaden. Wolkenbänke ziehen rasch über den Himmel, der klar und frisch wirkt. Jetzt lohnt sich der Blick auf den sat24-Wolkenfilm im Internet. Die losen Wolkenverbände sind demnach in Auflösung begriffen - und genau so kommt es. Mit jeder Viertelstunde wird es wolkenfreier.

 

Nach telefonischer Absprache beschließen Manfred und ich, um 14:30 Uhr Ortszeit zum Zielort zu fahren. Inzwischen habe ich auch mein kleines Reporting über die Wetterentwicklung vor Ort und die Beobachtungspläne via Twitter gestartet. Insgesamt ist die Resonanz dieser Mofi aber recht gering, was ich auch an den verhältnismäßig geringen Zugriffszahlen meiner Internetseite feststellen kann. Während der Fahrt stelle ich fest, dass die Bewölkung weiter weicht und noch etwa 3/10 entspricht. Mein Weg führt von Eppelborn über Lebach in Richtung Nalbach. Dort fahre ich schließlich auf den Autobahnzubringer zur A8 in Richtung Merzig. Vor dem Pellinger Tunnel biege ich ab nach Wehingen und folge der Bundesstraße 407 in Richtung Remich. Etwa einen Kilometer vor der Ortschaft Sinz treffe ich, wie zuvor verabredet, Manfred Haberstroh am Parkplatz Potsdamer Platz. Wir wollen den Beobachtungsort festlegen.

 

Es ist 15:30 Uhr MEZ. Inzwischen kommt von Jörg Schoppmeyer eine SMS aus dem fernen Maui. Er berichtet, der Mofi entspannt entgegenzusehen bei angenehmen Temperaturen. Von angenehmen Temperaturen kann zwar bei uns nicht die Rede sein, aber der Wolkenanteil hier oben auf den weitläufigen Feldern wird immer geringer. Wie es anders nicht sein könnte, türmt sich das meiste, verbliebene  Gewölk in der relevanten Richtung des Mondaufganges, und zwar auch noch ausgerechnet am nordöstlichen Horizont! Das erinnert uns unweigerlich an die Situation der partiellen Sofi am 4. Januar des Jahres in den Vogesen.

 

Unweit des Parkplatzes führt auf der anderen Seite der Straße ein schmaler Weg direkt zu einen GSM-Sendemast nebst Generatorhäuschen. Der extrem heftige, bitterkalte Wind aus westlicher Richtung hier oben auf freiem und hohem Feld ist äußerst unpassend zur Fotografie. Wir haben Glück: Direkt neben dem kleinen Gebäude des Sendemastes ist der Wind sozusagen wie weggeblasen und nicht mehr spürbar, und das bei gleichzeitig weitem und tiefen Blick zum Nordosthorizont. Besser geht's nicht. Wir blicken in der Ferne auf die Gemeinde Altenbach/Faha.

 

 

Wir bauen in aller Ruhe unsere Ausrüstung für die bevorstehende Mondfinsternis auf. Korrekter muss man sagen, dass die Totale Phase der Mofi jetzt um 16:15 Uhr MEZ bereits seit einer Viertelstunde vorbei ist. Zum Mondaufgang, den wir um 16:33 Uhr bei Azimuth 54° erwarten, ist der Erdtrabant bereits wieder zur Hälfte aus dem Kernschatten ausgetreten. Die sehr rasch dahin ziehenden Wolkenbänke im Nordosten lichten sich, und sonst ist der gesamte Himmel zu 90% unbewölkt. Im Westen steht jetzt der Sonnenuntergang bevor, was wir direkt beobachten können. Durch den starken Regen der vergangenen Tage zeigt sich die Atmosphäre sehr sauber und klar. 

 

 

 

Blickrichtung Nord mit Sendeanlage Saarburg (UKW) Ockfener Bockstein

 

 

Über Twitter erfahre ich, dass auch andernorts ausgerechnet der nordöstliche Horizont von Wolken versperrt ist. Als sich dann der Mond um 16:33 Uhr Ortszeit bei uns zeigen sollte, gibt es erst einmal nichts zu sehen. Das ist genau so ärgerlich wie am 4. Januar 2011, als wir gespannt den Sichel-Sonnenaufgang in den Vogesen erwarteten. Der Wind ist nicht mehr ganz so kräftig wie noch eine Stunde zuvor, aber es reicht, dass die Windräder vor uns ein Geräusch erzeugen, dass sich nach heulenden Wölfen anhört.

 

Heute habe ich keine aufwändige Ausrüstung und verzichte auf die Nachführung. Aufgrund der unsicheren Beobachtungslage kommt der Einfachheit halber das 90/1000 Maksutov-Spiegeltele mit der Canon EOS 350d auf mein Berlebach-Stativ mit Kugelkopf. Auf einem weiteren Kugelkopf-Stativ montiere ich die Canon EOS 400d mit dem Sigma APO-Tele 70-300 mm. Dazu noch die Kabelauslöser und der Aufbau ist fertig.

 

 

 

Manfred macht mich darauf aufmerksam, dass die Sonne jetzt genau in seinen Kamerasucher hinein scheint - hinterrücks. Das ist auch kein Wunder, denn vor uns sollte sich jetzt der noch teilverfinsterte Mond bei 54° Azimuth zeigen. Refraktionsbedingt sind in diesem Moment hier vor Ort Sonne und Mond für rund 2 Minuten gleichzeitig zu sehen. Doch es klappt nur einseitig, weil sich der Mond noch nicht gegen die dickeren Schichten der Wolkenbank behaupten kann.

 

Die Situation wechselt innerhalb von Sekunden. Wir plaudern, während ich den Aufgangspunkt sehr genau im Auge behalte. Um 16:42 Uhr MEZ ist es dann soweit. Mitten aus dem Nichts öffnet sich ein unsichtbarer Schlitz und wir erkennen eine riesig wirkende Mondkugel, die ein sehr unübliches Aussehen zeigt. Eindeutig ist die Rundung des Kernschattens zu erkennen, während die im Halbschatten befindliche Mondscheibe eine orange Farbe zeigt - so ähnlich wie während der Totalen Phase! Das wirkt sehr kurios, doch es ist natürlich der Einfluss der Refraktion auf den nur 2° über dem Horizont stehenden Mond, die diesen Effekt bewirkt. Außerdem erkenne ich deutlich die starke Verzerrung der Mondscheibe, sie wabert regelrecht und bietet einen bizarren Anblick, nur knapp über der Landschaft. 

 

 

 

Formatfüllend und total verzerrt sieht die "halbe Mondscheibe" durch das Maksutov-Spiegeltele aus. Am schönsten ist der Eindruck der weitläufigen Landschaft in der frühen Dämmerung mit dem bloßen Auge. Wir beginnen unsere Aufnahmeserien.

 

Dank des Zoomobjektives mit der kleineren Brennweite kann ich die Landschaft wunschgemäß in die Bildgestaltung einbringen. Hin und wieder wird der Blick durch Wolkenstreifen kurzzeitig blockiert, was den Fotos noch einen zusätzlichen Reiz verschafft.  Horizontnahe Ereignisse sind immer etwas ganz besonderes - wenn sie sich beobachten lassen!

 

 

 

 

Wieder per Twitter erfahre ich, dass sich andernorts der Mond ebenfalls jetzt aus dem Gewölk erhoben hat. Ich sende eine schnelle Aufnahme meines Smartphones an Twitpic. Das Purpurlicht der Dämmerung ist traumhaft, der Wind hat spürbar  nachgelassen, es ist gefühlt nicht mehr ganz so kalt wie zu Beginn der Beobachtung.

 

Um 17:00 Uhr MEZ ist es hinreichend dunkel, um mit längeren Belichtungszeiten noch einen farblichen Nachweis der noch im Kernschatten befindlichen Mondkalotte zu erzielen. Ich wechsele meinen Standort und nehme das Stativ mit dem Telezoom mit zu einer ca. 50 Meter entfernten Baumgruppe. Mittlerweile hat sich der westliche Horizont tieforange gefärbt.

Venus strahlt auffallend als Königin des Westens mit Jupiter im Süden um die Wette.

 

 

 

 

 

 

 

Es ist erstaunlich, wie gut die Beobachtung heute Abend möglich ist. Nur hier und da zeigt der Himmel noch verbliebene Wolkenfetzen, während der Wind fast völlig eingeschlafen ist. Kurz vor dem Austritt des Mondes um 17:17 Uhr MEZ meldet sich Wolfgang Ott telefonisch bei mir. Bei Stuttgart hat er leider kein Glück bis jetzt gehabt, möglicherweise kann er nur noch einen Blick auf den Mond  im Halbschatten erhaschen. Erst jetzt lösen sich die Wolken bei ihm auf.

 

 

 

 

 

Um 17:45 Uhr steht der Mond nur noch im Halbschatten der Erde, seit 17:17:58 Uhr MEZ ist die partielle Phase schon vorbei. Doch der Halbschatteneinfluss lässt das Licht des vollen Mondes etwas gedämpft wirken. Erst allmählich mit dem Herauswandern aus dem Halbschatten sind die Oberflächenstrukturen des Mondes wieder gleißend hell, wie in einer ganz normalen Vollmondnacht. Die Luftfeuchtigkeit nimmt zu. Der Abbau der Gerät kann beginnen, wir haben das Ende dieser Finsternis zum allergrößten Teil beobachten können. Im Anbetracht des extrem wechselhaften Wetters mit besonders viel Niederschlag in den Vortagen der Finsternis ist dies ein außerordentlicher Glücksfall, der aufgrund der Twitter-Reportings für den Norden und die Mitte Deutschlands recht freien Blick zum Himmel bedeutet.

 

 

 

 

Zufrieden treten Manfred und ich gegen 18:30 Uhr den Rückweg an. Wir nutzen die Chance auf einen Tankstopp zu günstigen Preisen in Remich in Luxemburg. Auf der Heimfahrt gelingt mir dann noch eine weitere Beobachtung. Die A8 führt bei Merzig recht gerade in südöstliche Richtung. Da fällt aus einer Höhe von etwa 50° vor meinen Augen eine relativ langsame, weiß-grünliche Feuerkugel vom Himmel! Sie stürzt geradlinig auf den Südhimmel zu und leuchtet vor ihrem Verschwinden am Horizont immer noch sehr grell. Ob sie wohl den Boden erreicht hat? Visuell ist das anzunehmen.

 

Als ich gegen 20:00 Uhr MEZ wieder zuhause ankomme bin ich erstaunt über die frühe Zeit der Rückkehr! Eine Mondfinsternis ist normalerweise ein nachtfüllendes Ereignis. Heute ist eben alles etwas außergewöhnlich...

 

 

 


 

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