Atlantik-Shingwedzi-Old Tickalara: 12.000 Kilometer in 3 Stunden und 21 Minuten!

Info und Hintergrund zur totalen Sonnenfinsternis

sowie Pläne zur Fotografie und Beobachtungsort

am 4. Dezember 2002

TSE 2002 /// Saros 142 (22/72)

Animation der Finsternis am Standort Shingwedzi,

Krüger Nationalpark,

Südafrika am 4. Dezember 2002 :


Was nutzt es dir im Alter, wenn Du krank, unbeweglich und zur Last geworden bist, zu sagen : "Ach, hätte ich damals nur...". Ist es nicht viel schöner zu sagen, wenn du im Alter krank, unbeweglich und eine Last für alle bist, zu sagen : "Gut, dass ich es damals getan habe"


Am 4. Dezember 2002 wird sich auf der südlichen Halbkugel die nächste, totale Sonnenfinsternis ereignen. Der Schatten des Mondes beginnt seinen Weg dieses Mal über dem Südatlantik, rast im Sturzflug über die Länder des südlichen Afrika und verbringt nun den grössten Teil seiner Strecke mit dem Überqueren des indischen Ozeans. Kurz vor dem Ende der Finsternis trifft der Kernschatten des Mondes noch kurz auf australisches Festland, wo die Totalität an der Küste noch etwa 30 Sekunden zu beobachten ist. Ca. 650 km weiter östlich endet dann die Finsternis für einen Betrachter bei Sonnenuntergang.

Um nun ein mögliches Reiseziel auszuwählen, muss man die am Beobachtungsort herrschende Totalitätsdauer mit den zu erwartenden, lokalen Umständen abwägen. Ausschlaggebender Faktor ist, wie immer, das vorherrschende Wetter zu dieser Jahreszeit. Schauen wir uns dazu den Verlauf der Finsternis detaillierter an.

Bitte auf diesen Link klicken, um eine Übersichtskarte von Fred Espenak des erwähnten Gebietes zu sehen.

 

Auf dieser Karte ist der Teil des Schattenpfades über dem afrikanischen Kontinent zu sehen. Erstellt wurde sie vom Finsternis-Experten Fred Espenak (NASA, GSFC). Die Informationen zu den Wetterbedingungen entstammen seinem Eclipse Bulletin 2002. Wie erwähnt, wird das Ereignis im Dezember stattfinden, also mitten in der afrikanischen Regenzeit. Tagestemperaturen in den Regionen von max. 35°C sind zu erwarten, sowie plötzliche, höchst ergiebige Regenschauer. Trotzdem sind in dieser Zeit 7-8 Sonnenstunden täglich im Durchschnitt üblich.

Angola mit seinem weiter andauernden Bürgerkrieg und den zahllosen Landminen ist als Reiseziel ganz sicher nicht die erste Wahl, zumal die Finsternis in den frühen Morgenstunden bei noch niedrigem Sonnenstand beginnt. In 18° Höhe werden die Küstenbewohner Angolas die total verfinsterte Sonne für 49 Sekunden sehen. Bis in den Südosten des Landes, an der Grenze zu Sambia wird die Sonne dann erst 31° Höhe erreichen - eine passable Höhe zum Beobachten.

Im Ostzipfel des namibischen Caprivi-Streifens wird ein Aufenthalt ohne militärischen Schutzkonvoi nicht gerade erleichtert, obschon in diesem Gebiet viele Tierfilmer unterwegs sind. Die Totalität dauert mittlerweile 1 Minute und 10 Sekunden. Fast parallel zwischen den Landesgrenzen von Botswana und Simbabwe verläuft der Mondschatten zunächst weiter durch Gebiete, die für die Jahreszeit die höchsten Niederschlagswerte aufweisen können.

Dies ändert sich etwa in Höhe der Landesgrenze zur Republik Südafrika: Der gut erreichbare Ort BEITBRIDGE (Simbabwe) führt - rein statistisch - in dieser Jahreszeit noch die niedrigsten Niederschlagsmengen mit durchschnittlich 60mm/Monat. Nur noch Lobito in Angola kann innerhalb des Finsternispfades mit 59 mm/Monat einen ähnlichen Wert aufweisen. Der Sonnenstand beträgt zur Totalität hier stattliche 41°, es sind bereits 1 Minute und 23 Sekunden totale Sofi zu genießen. Im weiter südöstlich gelegenen Krüger National Park, dem einzigartigen Tierparadies sind die Prognosen mit 100mm/Monat noch brauchbar. Der Bewölkungsgrad hält sich in einem Gebiet zwischen BEITBRIDGE und dem KRÜGER NP in vertretbaren Grenzen, sprich, er ist hier am niedrigsten.

Bitte auf diesen Link klicken, um die Detailkarte von Fred Espenak zum genannten Gebiet zu sehen.

Die Chance, die Finsternis in diesem Streifen erfolgreich zu beobachten, liegen statistisch bei immerhin 60%. Begünstigend kommt hinzu, dass sich die Wolkenbildung erst in den frühen Nachmittagsstunden verstärkt und Schauer folgen. Die Eklipse startet aber erfreulicherweise bereits in den Morgenstunden. BEITBRIDGE bietet 1 Minute 22 Sekunden TT-Dauer (wenige Kilometer weiter nordöstlich verläuft die Zentrallinie), im KRÜGER NP sind es bis 1 Minute und 26 Sekunden. Diese Lokalitäten sind meine bisherigen Favoriten.

Beitbridge :

1. Kontakt : 05:11:45

                     2. Kontakt : 06:18:03

                      Finsternismitte : 06:18:44

                     3. Kontakt : 06:19:25

                    4. Kontakt : 07:35:05

                 alle Zeiten in UT

Als letztes afrikanisches Land wird Mosambik vom Mondschatten getroffen. Die Chance auf eine Wolkenfinsternis erhöhen sich wieder massiv, im Gegenzug steigt aber die TT-Dauer auf  1 Minute und 32 Sekunden an der Küste. Hier sind die größeren Städte Xai-Xai und Chibuto zu finden. Wegen den südafrikanischen Schulferien ist der gesamte Küstenstreifen ein gerne besuchtes Gebiet von Urlaubern aus ganz Südafrika. Auf der Zentrallinie in Meeresnähe dürfte es nicht ganz einfach sein, ein ruhiges Plätzchen zum Beobachten zu finden.

In Küstennähe wird sich die Möglichkeit bieten, eine Schiffs-Rundreise anzutreten. Diese bringt allerdings nur einen einzigen Vorteil : Die TT-Dauer erhöht sich weiter um einige Sekunden. Ein solches Schiff müsste schon von schweren Ausmaßen sein, damit wenigstens anstelle einer hier überflüssigen Teleskopmontierung ein Stativ auf halbwegs stabilem Untergrund steht. Eine fragwürdige Alternative zum Festland. Das Maximum dieser Finsternis wird dann mitten im indischen Ozean bei 

 Lat. 39°27,4'S und Long. 59°33.1'E. 

Die Sonne steht hier 72° hoch, das TT-Maximum liegt hier bei 2 Minuten und 4 Sekunden.  Die Breite des Schattens beträgt lediglich 87 km, sodass die Landschaft nicht sehr dunkel werden wird. Eher eine "kleine Finsternis". Dafür dürfen die Beobachter aber mit reichlich Protuberanzen-Chancen rechnen, denn die kurze TT-Dauer zeigt schon, dass der Mond es gerade mal so schafft, die Sonne einen kurzen Moment zu bedecken.

Entlang des Wasserweges herrschen sehr schlechte Beobachtungschancen. Ausgedehnte Schlechtwettergebiete sind bis einige hundert Kilometer vor der australischen Küste zu finden. Und das ist auch fast das Ende dieser Finsternis. Ceduna ist eine australische Küstenstadt inmitten des Schattenpfades; noch 30 Sekunden TT können gesehen werden. Zwar ist die Regenmenge im Dezember hier bei 10-20mm/Monat, das Wolkenrisiko ist aber gerade an der Küste, und aufgrund der niedrigen Sonnenhöhe von nur 8° ein gewisses Risiko. In Richtung Ende des Schattenpfades sind die Chancen auf ungetrübte Sicht zur Sonne nahe 100%, die TT-Dauer schrumpft aber auf wenige Sekunden.

FAZIT :

Alles in allem ist eine Sonnenfinsternis in Horizontnähe sicher ein aufregendes event, aber man muss schon die enormen Kosten für die Expedition kalkulieren. Erst in Verbindung mit einem längeren Aufenthalt, und der Eclipse als ein Highlight macht eine Reise in das Land der Digeridoos wirklich Sinn. Einfacher und effektiver ist das Ziel Afrika. Die Wetteraussichten sind für bestimmte Örtlichkeiten brauchbar. Allerdings sind die tropischen Umstände zu beachten. Während der letzten Finsternis am 21. Juni 2001 herrschten traumhafte Bedingungen. Milde 20-27°C Tagestemperaturen bei trockenem Klima. Dieses Mal sind es tagsüber ca. 33° bei schwülwarmer Luft. Das Malariarisiko ist zu berücksichtigen, die Mücken fühlen sich bei steigendem Quecksilber richtig wohl. Bei entsprechenden Vorsorgemaßnahmen kann das Risiko einer Erkrankung minimiert werden.

TSE 2002 - Meine Pläne

Am 7. April 2002 ist die Entscheidung endlich gefallen. Einfach war es nicht, denn wichtige Kriterien meiner Reise zur nächsten Sonnenfinsternis am 4.12.2002 standen sich  teilweise sehr konträr gegenüber. Zum einen findet die Sofi in dem für den Einzelhandel wichtigsten Zeitraum, dem Vorweihnachts-Geschäft, statt. Daher sollte die Reise einerseits so kurz wie möglich ausfallen. Aber andererseits nur für wenige Tage zur Finsternis die lange und teure Flugstrecke in Kauf nehmen, ist auch unsinnig. Deshalb wird es, wie letztes Jahr, eine schöne Rundreise sein. 

Natürlich steht die Beobachtung der Sofi selbst im Mittelpunkt. Leider fand sich kein Anbieter, der an den interessantesten Orten eine ausreichende Vorbereitungszeit (Aufbau einer Montierung, Teleskop-Einsüdung etc.) zulässt. Jedenfalls nicht innerhalb des erforderlichen Zeitrahmens, denn alle diese Reisen wären weit über den 8. Dezember hinausgegangen. Von www.astronomie.de gibt es eine Reise-Vorankündigung, die allerdings auch einen Aufenthalt in Simbabwe vorsieht. Dieses Land erscheint mir politisch zu sehr instabil und vergleichsweise unsicher. 

Und so werde ich vom 19. November bis 6. Dezember 2002 an der "Großen Südafrika-Rundreise" mit dem deutschen Veranstalter Outback Afrika teilnehmen :-). 


Die Tour startet in Kapstadt. Nachfolgend einige wesentliche Tourpunkte:

Stellenbosch, Oudtshoorn, Addo Elephant-Nationalpark, Drakensberge, Tugela Gorge, Lake St. Lucia, Swasiland, Krüger Nationalpark mit Beobachtung der Sofi am 4.12., Pilgrim's Rest, Johannesburg-Airport und anschliessender Rückflug.

Die Schätze des südlichen Sternenhimmels stehen auch auf der Beobachtungs-Wunschliste ganz oben. Ganz so einfach wie 2001 wird das dieses Mal nicht, da die Regenzeit vorherrscht. Aber sicher finden sich auch Zeiten mit trockenen Nischen während des Aufenthaltes. Neu ist in diesem Zusammenhang die Modifikation meiner Reisemontierung EQ2, die jetzt im Handumdrehen auf ein stabiles Berlebach-Holzstativ aufgesetzt werden kann. Dieses Stativ kann durch Wechseln der Mittelsäule entweder als Fotostativ bis zu 3 Kameras aufnehmen, oder dient mit einer zweiten Mittelsäule als Träger einer parallaktischen Montierung. 

Die Beobachtung der Finsternis

findet im Krüger Nationalpark statt. Der genaue Beobachtungsplatz innerhalb des Parks ist noch nicht letztendlich festgelegt, allerdings gibt es die Camps Petoriuskop und am 3.12. Letaba  innerhalb der Tour, die südlich der Totalitätszone liegen. Letaba ist noch ca. 30 km vom südlichen Limit der Finsternis entfernt. Möglicherweise wird unserer Tour das Camp in der Nähe von Mopani zugeteilt. Ganz sicher ist das nicht, es handelt sich aufgrund der Website-Hinweise des Parks um eine Vermutung meinerseits.

Bis Shingwedzi, das nahe des absoluten Maximums von 85 Sekunden Totalität liegt, wären es ca. 75 km von Letaba aus zurückzulegen. Am 4.12. wird der Beobachtungsplatz X frühestmöglich angefahren, um rechtzeitig Vorbereitungen treffen zu können. Hier noch mal der Link zur Verlaufskarte der Finsternis.

Der Krüger-Park hat eigens 4 zusätzliche temporäre Camps zur Beobachtung der Finsternis eingerichtet, um dem erwarteten Massenandrang gerecht zu werden.

Der wichtigste Teil ist, so früh wie möglich die Zentrallinie zu erreichen - eclipse first!

Und hier der Finsternisfahrplan für einige Orte innerhalb des Krüger NP für den 4. Dezember 2002.

Beobachtungsplatz GPS-Daten Finsternisstart     TT-Anfang TT-Mitte TT-Ende Finsternisende TT-Dauer Sonnenhöhe 2.K
Mopani E3124 S23-31 07:13:40 08:21:40 08:22:03 08:22:25 09:39:28 45s 43°36'
Punda Maria Gate E31-00 S22-44 07:12:49 08:19:44 08:20:25 08:21:06 09:37:30 82s 42°44'
Shingwedzi E31-52 S24-47 07:13:32 08:20:43 08:21:26 08:22:09 09:38:51 86s 43°25'

Die angegebenen Zeiten sind in Ortszeit Südafrika zu verstehen. Diese errechnet sich durch UT+2. 

Die folgenden Grafiken sind mit CyberSky erstellt und zeigen einige Zeitabschnitte der Finsternis in Shingwedzi/Krüger NP:

                    

Der erste Kontakt 07:13:52 Uhr vor 2. Kontakt 08:13:52 2. Kontakt fast erreicht um 08:20:43

                                                                   

Kurz vor dem 4. Kontakt um 09:37:40 in Shingwedzi/Krüger NP.

Die Finsternis dauert insgesamt ca. 2 h, 25 Minuten.

Es ist klar, dass die Fotografie für diese Finsternis nur einen  kleinen Teil zum Zeitpunkt der Totalität einnehmen kann. Dies wird sehr deutlich bei den zu erwartenden, maximal 86 Sekunden Dauer der Verfinsterung. Ich verwende wieder die bewährte Russentonne und das 20mm Weitwinkel-Objektiv für die Landschaft. Die wichtigste Beobachtung bei dieser zweifelsohne sehr kurzen Finsternis wird mit dem Auge gemacht. 

Hier die Konstellationen am Himmel zum Zeitpunkt der totalen Finsternis:

Grafik erstellt mit Cybersky

Weil es der Mond gerade so schafft, die Sonne zu bedecken, wird der Himmel voraussichtlich recht hell bleiben. Es sollte aber gelingen, den -0,6mag hellen Merkur rechts unterhalb in südöstlicher Richtung von Sonne und Mond zu erkennen. Weiter entfernt in nordöstlicher Richtung findet sich Mars und Venus, die auch auffallen könnten. Doch es ist nicht so wichtig, den einen oder anderen Planeten zu sichten oder gar in der kurzen Zeit aufzusuchen. Die Eklipse wird mit ihrer Magie wieder jeden Beobachter in ihren Bann ziehen und für Jubelschreie sorgen! Es ist nicht mehr lange hin.


Alexander Birkner - 12. November 2001