Die Perseidennacht 2000

vom 12. August


Die Zeit vom 09. bis zum 13. August gehört in astronomischer Hinsicht standesgemäss dem Auftreten der Perseiden- Sternschnuppenströmen. Ihren Ursprung verdanken diese Erscheinungen dem Kometen 109P/Swift-Tuttle, bzw. dem Material, was davon noch übrig ist. So durchläuft die Erde auf ihrer Bahn im August ein Trümmerfeld, welches der Komet an dieser Stelle hinterlassen hat.

Die Perseiden sind mit 60km/s recht schnell. Ihre Bahnen scheinen  etwa der gleichen Himmelgegend zu entstammen, dem Sternbild Perseus. Diese gemeinsame Ursprungsrichtung wird auch als Radiant bezeichnet. Eine gute Orientierung zum Auffinden ist das auffällige Sternbild Cassiopeia ( Himmels-W ). Etwas unterhalb davon, und weiter in Richtung Osten ist der Bereich, der zur Beobachtung in Frage kommt.

All’ diese nüchternen Fakten sind für mich und Manfred Haberstroh Anlass, um uns eigene Eindrücke verschaffen zu wollen. Manche Beobachter berichten von einem wahren Feuerwerk der Meteoriten, so wie es letztes Jahr in Japan stattgefunden haben soll.

Und wer weiss, vielleicht steht uns ja in diesem Jahr ein ebenso farbenprächtiger Himmel bevor.

Am Abend

des 10.08., die TSE 99 jährt sich morgen zum ersten Mal, riskiere ich gegen 23.00 Uhr einen ersten Blick in die entsprechende Himmelsrichtung. Nach einem heißen Tag und reichlich Hochdruckeinfluss ist das Seeing ausßergewöhnlich gut, das Thermometer zeigt immerhin noch 17°C. Auch die Horizontschichten sind wolkenfrei.

Nicht einmal 5 Minuten muss ich warten, bis sich in kurzer Folge zwei Perseiden bemerkbar machen. Vielleicht eine Sekunde dauert es jeweils, aber hell und auffällig ist es allemal. Und die Richtung stimmt auch. Der zunehmende Mond, der bald vollständig beleuchtet ist, stört ein wenig. Frohen Mutes hoffe ich auf klare Sicht für die Folgenacht.

Im Internet

ist nachzulesen, dass ein Maximum der Perseiden- Erscheinungen ausgerechnet am Taghimmel des 12. August stattfinden soll. Allerdings ergebe sich ein Vormaximum gegen 4.00 Uhr früh. Manfred und ich verabreden uns daher zu einem nächtlichen Ausflug mit Treffpunkt 0.00 Uhr am Samstag, dem 12. August. Unser Ziel ist ein 550 Meter hoher Platz in der Nähe der Sternwarte Peterberg bei Braunshausen. Abseits von den grösseren Städten des Saarlandes, ist es ein recht dunkler Ort mit besten Beobachtungs-Bedingungen. Bis dato ist mir die Stelle unbekannt, und ich bin gespannt, was mich erwartet.

Bereits auf der Autobahn beobachten wir, wie zwei auffällige Leuchtkugeln vom Himmel fallen. Na, wenn das mal kein vielversprechender Anfang ist!

Gegen 0.45 Uhr

angekommen, bestrahlt der Mond aus südlicher Richtung wie ein Scheinwerfer die gesamte Landschaft. Ich bin angenehm überrascht über die Örtlichkeit; bei der Ankunft bestätigt mir die Anwesenheit eines grossen Feldhasen die Einsamkeit dieses Platzes...

Im Norden grenzt ein Waldstück in einiger Distanz die Sicht zum Horizont ein wenig ein. Dies ist in östlicher Richtung nur unwesentlich der Fall, und im Süden fällt der ungetrübte Blick auf die winzig erscheinenden Sendeanlagen Göttelborn und Saarbrücken-Schoksberg in ca. 50 km Entfernung. Manfred hat nicht zuviel versprochen, es ist aussergewöhnlich dunkel hier und ideal für den gestirnten Himmel.

Es herrscht wirklich absolute Ruhe hier oben. Gelegentlich spielt der leichte Ostwind mit den Drähten einer Umzäunung und lässt diese unmelodisch schwingen.

Jupiter und Saturn

sind am Osthorizont noch nicht aufgegangen. Sie sind derzeit die heimlichen Stars der zweiten Nachthälfte. In einer halben Stunde wird es soweit sein.

Doch zunächst beobachten wir mit dem unbewaffneten Auge den Sternenhimmel, und hier und da huscht eine Leuchtspur über den Himmel. In weiss-rötlichem Farbton, und leider viel zu schnell fällt ein Bröckchen nach dem anderen vom Himmel. Zunächst ist keine Regelmässigkeit erkennbar, scheinbar fallen alle Leuchtkugeln aus den unterschiedlichsten Richtungen. So besprechen wir die Foto-Strategie für diesen Abend.

Unsere fotografische Ausrüstung

besteht aus 4 KB-Kameras. Manfred verwendet eine Contax-KB-Sucherkamera mit Weitwinkel-Wechselobjektiv, sowie eine gute, alte Praktika M42 mit 28mm Weitwinkel und unüberhörbarem Spiegelschlag. Beide Kameras sind jeweils mit Fernauslösern und Kugelkopfstativen versehen.

Eine Praktika M42 gehört auch zu meiner Ausstattung. Eigentlich nicht vorgesehen, verwende ich die Canon EOS mit einem 70-300 mm Teleobjektiv. Wegen des kaum einzugrenzenden Auftretens der Perseiden hoffen wir, durch den Einsatz von 4 Kameras genügend Himmelsausschnitt zu erfassen, um wenigstens die eine oder andere Leuchtkugel zu erwischen. Jede Aufnahme soll ca. 5 Minuten belichtet werden, bei nicht ganz offener Blende.

Vor dem Maximum

bleibt aber noch etwas Zeit für andere Objekte. Es ist 1.40 Uhr, als Jupiter und Saturn über dem Osthorizont auftauchen. Gnadenlos rücke ich den beiden mit der Russentonne auf die Pelle. Mit dem 25mm Okular ist bei einer 40fachen Vergrösserung Jupiter mit seinem Mondgefolge eine wahre Augenweide. Schwach ist ein Wolkenband auf seiner Südhemisphäre zu sehen. 3 Monde rechts, einer links von ihm. Der „Dicke“ ist immer einen Blick wert! Bei 125facher Vergrösserung blendet die dicke Scheibe schon fast, okularfüllend steht das Quintett vor unserem Auge. Saturn wirkt mit seinem weit geöffneten Ringsystem nicht weniger künstlerisch. Ich nutze die Chance für eine Aufnahme in Okularprojektion.

Die günstige Lage

des Feldes, abseits der störenden Einflüsse von Fremdlicht, belohnt uns mit einem phantastischen Blick auf das Band der Milchstrasse. In einem zarten Rosa leuchtet eine Unzahl von Sternen und Objekten auf uns herab. So deutlich ist dieses Band in meinem Heimatort nicht zu sehen, das da über unseren Köpfen strahlt! Alleine dieser Anblick begründet unser Herkommen.

Plötzlich etwas sehr helles

über uns! Ein fetter Bolide zieht mit leichtem Zischen eine dicke Leuchtspur über den Himmel. Für die Zeit eines Lidschlages ist es ringsum hell. Viel zu schnell passiert, sehen wir klar und deutlich das Nachleuchten ziemlich genau über uns. Zuerst ist die Spur geradelinig, aber dann verändert sie sich schnell, etwa so,  wie sich ein Kondensstreifen am Himmel allmählich verzieht. Ich schätze die Leuchtzeit insgesamt auf ca. 5 Sekunden ein. Wow – das ist mehr, als wir erwartet haben! Leider zeigt keine Kamera zu dieser Zeit in den Zenith. Das wäre auch ein unglaublicher Zufallstreffer gewesen. Es ist ca. 2.30 Uhr, die Temperatur ist bei 13°C angelangt. Die Perseiden-Fallrate ist insgesamt eher etwas enttäuschend, besonders, was helle Objekte angeht, bis auf die Ausnahme eben.

Als nächstes nehmen wir uns die Plejaden vor. Etwas oberhalb zwischen Jupiter und Saturn zu finden, sind sie ein strahlendes Objekt in dieser Nacht. Ich schieße ein paar kurzbelichtete Aufnahmen. Zack! Ein Perseide ist gerade auf Saturn gestürzt! Doch der Blick durch’s Teleskop zeigt, dass nichts kaputtgegangen ist, und auch der Ring ist noch heil J.

Ab 3.00 Uhr

ist der Mond fast untergegangen. Bevor er sich verabschiedet, verewige ich ihn noch einmal durch das Okular. Nun machen wir ernst: 4 Kameras zeigen jetzt in verschiedene Himmelsrichtungen und belichten, was das Zeug hält. Mittels Hutmethode entsteht eine Aufnahme nach der anderen im 5-Minuten-Takt. Jeder zufällig eingefangene Perseid ist eine Freude. Tau macht sich bemerkbar. Die Stative werden feucht, gottlob keine Eintrübung der Objektive.

Die Milchstrasse

kommt nun richtig zur Geltung. Ein El Dorado für die Deep-Sky-Freunde. In etwa einer Stunde wird sich bereits die Dämmerung bemerkbar machen. Wir hoffen auf reges Geschehen am Himmel. Doch die Leuchtkugeln verhalten sich eher bescheiden. Insgesamt sind die Ereignisse etwas enttäuschend, allerdings muss ich klipp und klar sagen, dass ich auch noch nie so viele Sternschnuppen in einer Nacht gesehen habe. Vielleicht schraubt man die Erwartungen aufgrund von Berichten etwas zu hoch. Für den gleichen Abend ist wieder eine Polarlicht-Warnung herausgegeben worden. Offenbar kommen dieses Mal nur die Skandinavier in den Genuss des bunten Lichtes. Von einem farbigen Himmel keine Spur. Ausser, hier und da ein „Blitzer“.

Und die einsetzende Dämmerung

macht sich gegen 4.30 Uhr bemerkbar. Ich kann nicht behaupten, dass zu einer bestimmten Uhrzeit ein häufigeres Auftreten von Meteoren zu beobachten gewesen wäre. Beeindruckend war es trotzdem, die Fahrt lohnte sich auf jeden Fall!

Wir schiessen die obligatorischen Fotos von uns selbst, bevor wir unsere Gerätschaften wieder auseinanderschrauben. Manfred wundert sich jedes Mal über meine 20 Jahre alte Bordkamera. Ein Kommunionsgeschenk, inliegend ein 800er Film, und der Kamera wird mittels Schalter suggeriert, es wäre nur ein 100er-Film drin. Dazu der Blitz, und die Aufnahme wird noch nicht einmal überbelichtet.

Einen Besuch

bei der nahegelegenen Sternwarte wollen wir uns nicht nehmen lassen. Nach kurzer Fahrt stellen wir fest, dass hier ein harter Kern nebst Bierflasche und ein 10“ Dobson aus den 60er Jahren die Stellung gehalten hat. Allerdings ist man bereits in Aufbruchstimmung. Jupiter und Saturn erheben sich über der Kuppel der Sternwarte. Ich bekomme die Gelegenheit, die Planeten durch das Dobson zu sehen. 

So plaudern wir mit den verbliebenen Gesinnungsgenossen.

Für Manfred und mich war’s eine tolles, gemeinsames Erlebnis. Um 5.45 machen wir uns auf den Heimweg. Leichter Nebel breitet sich in den Tälern aus.  Morgenrot erfüllt den Horizont. Ca. 70 km Heimfahrt für Manfred, 25 km für mich. Die folgenden Stunden gehören mir...und meinem Kopfkissen. Schnarch!

 

Als nächstes event

gesellt sich am 23. August zwischen Jupiter und Saturn die Sichel des abnehmenden Mondes. Wieder ein berechtigter Grund zum frühen Aufbruch....