Mein Reise- und Stimmungsbericht

Tag 1 - Mittwoch, 27. Oktober 2004

 

Alle gezeigten Bilder von Alexander Birkner (Canon EOS 50)

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Viel zu früh am Morgen,

jedoch wie verabredet, holen mich Doris und Jürgen um 3.45 Uhr zuhause ab. Es ist der Start unserer Kurzreise in das Städtchen Chipiona im schönen Andalusien, Südspanien. Anlass ist die totale Mondfinsternis am morgigen Donnerstag, dem 28. Oktober 2004. Es ist die letzte von 4 totalen Finsternissen in 2 Jahren; die nächste totale Mofi ist erst wieder am 3. März 2007 zu beobachten. Eine Tetrade geht zu Ende.

 

Der Wolken- Fluchtplan so weit:

Die Wettervorhersage für Deutschland ist enorm ungünstig für den 28.10., und dies ist für mich ausschlaggebend, ein Ziel mit höherer Beobachtungssicherheit zu wählen. Bereits seit dem 25.10. ist die Chance für einen Erfolg in Andalusien zu erkennen: Die norwegische OCEANOR zeigt auf ihrem Wolkenprognose- Film eine große Lücke mit klarem Himmel  in der fraglichen Zeit von etwa 2.00 Uhr bis 8.00 Uhr Ortszeit. Das wäre vollkommen ausreichend für den Großteil der Finsternis.

 

Prognose 0.00 UT Prognose 6.00 UT

 

 

Der Weg zum Airport

in Frankfurt/Hahn führt uns durch das nördliche Saarland und den Hunsrück, wo der fast kugelrunde Mond immer wieder mal aus den Wolken herauslugt. Am Aiport selbst stellt sich heraus, dass ein rechtzeitiges Erscheinen beim Mitnehmen von astronomischer Ausrüstung  immer sinnvoll ist. Während wir uns ein zweites Frühstück gönnen, fordert mich eine Durchsage auf, an die Gepäckkontrolle zu kommen. Die Ryanair- Beamten können mit einem Teleskop- Gegengewicht rein gar nichts anfangen. Das seltsame, schwarze Objekt auf dem Monitor wird einer Sichtprüfung unterzogen und für harmlos erklärt. Das ist bemerkenswert, hat doch das kleine, schwere Teil bei meiner TSE-2001-Tour durch Südafrika niemanden an den diversen Flughäfen interessiert.

 

Beim Handgepäck

wird ebenfalls nachgefragt. Bleibeutel für Filme, Drahtauslöser und Objektive werden genau kontrolliert; die Sicherheitsprüfungen sind intensiver geworden als noch im Juni 04 beim Kurztrip zum Venustransit nach Pisa. Das alles nimmt Zeit in Anspruch, und deshalb können wir anschließend direkt an das richtige Gate, um in die Maschine einzusteigen. Kein zeitlicher Stress an diesem Morgen, aber bei 10 Minuten späterer Ankunft in Hahn wäre es das geworden. So weit, so gut.

 

Ryanair startet

ihren Flug Nr. 4623 nach Jerez pünktlich um 06:30 Uhr und verlässt das weitgehend wolkenverhangene Deutschland. Als wir uns allmählich dem Ziel nähern, können wir das kaum besiedelte Andalusien von oben begutachten. Die wenigen, einzelnen Häuschen erinnern ein wenig an Island, in die karge Landschaft mit nicht vorhandenen Bäumen erstrecken sich zahllose, rötliche Felder mit meist schwarzen Strukturen. Sehr trostlos einerseits, aber ein faszinierendes Farbmuster aus 10.000 Metern Höhe.

 

Pünktlich in Jerez

angekommen um 09:20 Uhr holen wir unseren gemieteten Fiesta ab und machen uns auf den Weg zu Daisy & Jorge Vacas, die an der Küste von Chipiona eine gemütliche Pension betreiben. Doch Spanien begrüßt insbesondere mich als Erstbesucher recht unfreundlich, toben doch heute am 27.10. heftige Stürme mit ergiebigem Regen an der Küste, bis weit in das Landesinnere. Das entspricht allerdings auch der Prognose, denn wir sind um 10.00 Uhr in Chipiona zeitlich noch 14 Stunden von dem angekündigten Zwischenhoch entfernt. Auf dem Weg von Jerez nach Chipiona wird intensiv gebaut: Um dem Andrang in der Hauptsaison gerecht zu werden, zieht sich eine Großbaustelle über fast die gesamte Strecke von 50 km. Die Straße wird einmal 4-spurig sein.

 

 

 

Der Empfang in unserer Unterkunft

ist herzlich: Die Pensionsbetreiber begrüßen uns und wundern sich über die Gepäckmenge für 3 Tage. Einige Gäste aus Hamburg sind ebenfalls hier. Insgesamt sehr familiär und freundlich. Während wir bei unserem Begrüßungs- Drink plaudern, toben draußen Regen und Sturm von ungewöhnlicher Intensität.

Links: Meine Unterkunft an der Küste

 

Ein Blick ins Internet

zeigt aber, dass die beschriebene Wolkenlücke auf dem Weg zu uns ist. Sie wird etwa gegen 2.00 Uhr erwartet und sollte bis etwa 8 Uhr anhalten. Das Satellitenbild macht aber auch deutlich, dass ein Herumfahren nach einem Spechtelplatz weiter im Norden des Landes wenig Sinn macht. Der klare Himmel wird nur in relativer  Küstennähe auftreten. Doch hier, direkt am Meer ist das Beobachten und Fotografieren der Mofi unmöglich wegen dem Sturm. Jorge macht mir den Vorschlag, sein abgelegenes Landhaus (oder auch Campo) zum Spechteln zu nutzen, welches abseits von Pinienbäumen liegt. Meine Bedenken bzgl. Seenebel hält er aus seiner Erfahrung für unbegründet.

 

Doris, Jürgen und ich

verkürzen uns die Mittagszeit mit einer erholsamen Siesta. Unterdessen heult der Wind um das Haus und der Regen rauscht unablässig nieder. Um 16.00 Uhr sind wir wieder fit und wollen nach einer kräftigen Suppe erst einmal die Umgebung erkunden. Meine Begleiter, Doris & Jürgen waren schon oft vormals hier und können sich dieses Mal als Führer anbieten :-)

Eine winzige Wolkenlücke ist zu sehen. Aha. Und der Regen hat aufgehört. Die Wellen des Atlantik peitschen heftig gegen die Küstenmauern, das Wasser spritzt in hohem Bogen auf die Wege. Chipiona wirkt wie ausgestorben in der Nebensaison. Gerade das wüste Wetter bringt die Möglichkeit, einige selten triste Stimmungen zu fotografieren. Der Sturm hat sich noch nicht gelegt.

 

Zurück in der Pension

wartet Jorge bereits mit landestypischer Küche: Ein exzellenter Tintenfisch findet viele Abnehmer und erfreut sich allgemeiner Beliebtheit. Nicht nur das, allerlei leckere Sachen aus dem Meer hat Jorge für uns reichlich zubereitet. Nach diesem genialen Abendessen drängt die Zeit ein wenig. Um das Landhaus noch bei Tageslicht zu erreichen, müssen wir sofort aufbrechen. Jorge zeigt uns den Weg. Sollte sich der Platz als untauglich erweisen, müssen wir weiter suchen.

 

Ein Wetterwechsel

ist nicht festzustellen, denn es hat zwischenzeitlich so kräftig geregnet, dass sich großflächige und faustdicke Wasserlachen auf den Straßen gebildet haben. Auf dem Weg zum Campo durch Chipiona überall Windbruch von den Palmenbäumen und umher liegende Abfalltonnen. Ich sehe den Mond im Geiste davonschwimmen... und meine Montierung gleich hinterher fliegen...! Hach ja.

 

Offroad

geht es einen robusten, unbefestigten Weg quer durch einen kleinen Wald mit Pinien. Das Gebiet gehört zu Chipiona. Vorbei an einzelnen Campos erreichen wir nach etwa 10 Minuten Pionierfahrt das Landhaus. Jorge hat es selbst gebaut und vermietet es auf Anfrage. Derzeit ist es ungenutzt. Zuerst fällt mir der wesentlich geringe Wind auf, der den Platz schon mal attraktiv macht. Es befinden sich keine einschränkenden Dinge wie hohe Bäume oder Gebäude, die die Beobachtung stören würde. Innen gibt es auf großer Fläche eine Vollausstattung: Eine Küche mit Herd und Kühlschrank, Bad mit Dusche, ein separates Schlafzimmer und im großen Wohnraum typisch spanische Innenausstattung. Langweilig würde es hier nicht werden, denn die zahlreichen Bücher mit den verschiedensten Themen sind unterhaltsam.

 

 

Das Landhaus (Campo) von Daisy & Jorge

 

Besonders interessant

ist das nicht vorhandene Dach, an dessen Stelle eine Terrasse angelegt ist und auf die man über eine Treppe von außen gelangt. Hier oben gibt es fast einen perfekten Rundblick über die Umgebung. Keine erheblichen Sichtbehinderungen und ein stabiler Untergrund für das Teleskop. Ideale Bedingungen, wenn man sich nur das gegenwärtige Wetter wegdenkt. Der Regen hat vor der Treppe eine kleine Senke mit Wasser gefüllt.

 

Die Beobachtungsplattform

ist ideal, und wir beschließen, die Mofi von hier zu beobachten. Daisy und Jorge überlassen uns die Unterkunft für die Nacht und fahren kurz darauf wieder weg. Eine trockene Unterkunft zum Vorbereiten und Aufbauen der Ausrüstung ist natürlich genial. Mit Rotwein verkürzen wir uns die Wartezeit und das miese Wetter. Im halbstündigen Abstand schauen wir, was der Himmel zu bieten hat.

 

Erst gegen 21.30 Uhr

lässt der Regen nach. Es folgen ein paar Aufhellungen und Lücken, durch die sich der Mond dann endlich zum ersten Mal an diesem Tag zeigt. Nach erneutem Regen ist es dann um 23.00 Uhr soweit; die Wolkendecke reißt auf, und Doris bekommt Gelegenheit, ihre neue Olympus- Digitalkamera am noch unverfinsterten Mond zu testen. Meine Ausrüstung habe ich aus ihrer Transportverpackung befreit und weitgehend vorbereitet. Doch vor 1.00 Uhr möchte ich mit dem Aufbauen auf der Dachterrasse noch nicht beginnen.

 

Das Wechselspielchen

von Wolken und Lücken setzt sich fort. Doris und Jürgen haben auch Blut geleckt und fiebern der Finsternis ebenfalls entgegen; das Eclipse- Virus greift um sich. Ich überlasse das Wetter für eine Stunde sich selbst und gönne mir ein kurzes Nickerchen.

 

Der E-Day steht unmittelbar bevor. Wie geht das Abenteuer weiter? Einfach in der Spalte links den 28. Oktober auswählen!