Sofi-Fieber, die erste! Der Anfang einer Leidenschaft...

Erlebnisbericht über die totale Sonnenfinsternis  in unserer Heimat

TSE 1999 - Saros 145 (21/77)

11. August 1999


Mini-Animation der Highlights dieses Tages:


NACHWORT ZUR TSE 1999  - MEINE ERSTE TOTALE SOFI

In jedem Jahr ist für mich der 11. August wie ein Feiertag. Ein besonderes Datum. Denn auch noch heute werde ich zum Jahrestag gerne an die spannenden Augenblicke während meiner ersten, totalen Sonnenfinsternis zurückdenken. Dieses Interesse ist ungebrochen geblieben, es war Anlass für mich, in 2001 nach Afrika zur ersten Finsternis des neuen Jahrtausends zu reisen, die ich wiederum optimal beobachten konnte. Weitere Reisen folgten auch dieser, und ich hoffe, der Weg des Mondschattens wird mich eines Tages auf alle Kontinente gebracht haben.

Ein ganz besonderer Dank geht an meine Eltern, ohne deren Mithilfe ich die Finsternis 1999 nicht hätte erleben können. Wäre mir die Totalität hinter Wolken verborgen geblieben, bezweifle ich, in Zukunft Sofi-Fernreisen gemacht zu haben oder zu planen. Das Elixir der Finsternis ist die Macht des flauen Lichtes, der harten Schatten, der seltsamen Farben und des gemeinsamen Erlebens. Ich bin gespannt, ob ich irgendwann einmal eine vollständige Totalitätsstunde erreicht habe! 

Alexander Birkner, 22. Juli 2002


TSE 1999 - DIE GANZE GESCHICHTE

NEU ÜBERARBEITET AM 22. JULI 2002

Während eines Fluges nach Portugal, Ende Oktober 1998, erfahre ich beim Studieren des Buches Weltraum aktuell 98/99, daß am 11. August 1999 in Deutschland eine totale Sonnenfinsternis stattfinden wird. Zu meiner Überraschung soll das Ereignis sozusagen vor der Haustür im Saarland vollständig zu sehen sein.

Der Inhalt der Sofi-Beschreibung fesselt mich von Seite zu Seite mehr. Es ist auch eine Karte mit dem genauen Finsternisverlaufes durch Europa abgebildet. Der Autor versteht es, sein Wissen so begeisternd zu vermitteln, dass ich mich unweigerlich in seine Sofi-Bedienungsanleitung einlese. In 11.000 Meter Höhe über dem Golf von Biscaya fällt die Entscheidung: Auf diesen Tag werde ich mich vorbereiten! Und das mit allen technischen Möglichkeiten, die mir zur Verfügung stehen. Zu diesem Zeitpunkt ahne ich noch nicht, dass ich das Ereignis mit nicht weniger als 4 Kameras verewigen werde. Eine Funkuhr mit Sekundenanzeige wird ebenfalls empfohlen, um den Ablauf der Ereignisse zu dokumentieren. Und dann werden die sog. "Kontakte" erwähnt, die die verschiedenen Phasen der SoFi beschreiben.

Der 1. Kontakt ist der Beginn. Der Mond "knabbert" an der Sonne und bedeckt sie bis zur deutlichen Sichelform.

Der 2. Kontakt ist der Start der totalen Verfinsterung. Kurz zuvor ist der Perlschnureffekt und dann der Diamantring zu sehen.

Beim 3. Kontakt setzt das Ende der Totalität ein: Der Mond verlässt die Sonne, wieder erscheinen die Perlenschnureffekte und der Diamantring. Die Sonnensichel wächst wieder an, bis mit dem

4. Kontakt der Mond die Sonnenscheibe verlässt.

Für Saarbrücken wird die Dauer der totalen Phase mit 2 Minuten, 9 Sekunden angegeben. Ohne Vorarbeit ist das Ereignis aber doch nicht fotografisch festzuhalten. Voraussetzung für die partielle Phase sind spezielle Schutzfilter, die nur während der Totalität nicht benötigt werden...

Das Motto wird lauten "Vive la France!", denn die Zentrallinie, also der Mittelpunkt des Kernschattens, zieht in unserer Region durch Elsaß-Lothringen. Und nach etlichen Tagen Suche in Nordfrankreich finde ich den geeigneten Sofi-Spechtelplatz : Ein Feldweg zwischen Woustviller und Hambach erweist sich als ideal. 

Globalkarte der 

Sonnenfinsternis 1999

Zentrallinie der Finsternis in 

Nordfrankreich/Saarland

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Die europäische Sonnenfinsternis in Zahlen

Diese SoFi vom 11. August 1999 gehört zu einer sog. Saros-Serie mit Finsternissen, die sich in ca. 18-jährigem Rhythmus an einem anderen Ort der Erde wiederholen. Hier ist es Nr. 145. So wird am 21. August 2017 die Fortsetzung der 99er Europa-Eklipse für über 2 Minuten einige Staaten der USA verdunkeln.

- maximale Totalitätsdauer : 2 Minuten, 23 Sekunden. Erreicht in Rumänien.

- max. Totalitätsdauer am Beobachtungsort Hambach: 2 Minuten, 17 Sekunden

- max. Totalitätsdauer für Saarbrücken : 2 Minuten, 9 Sekunden

- Temperaturverlauf : vor Totalität 20.0° C, während Totalität 18.5 ° C.

Auch der Portugal-Aufenthalt findet sein baldiges Ende. Zurück auf deutschem Boden gelandet, ist einer der ersten Wege der zum Chef. Und zwar zum rechtzeitigen Vormerken eines Freizeit-Tages für das nächste Jahr, was zu fragenden Gesichtern führt. Bereits im November die Freizeit vom August festlegen? Der schnellen Genehmigung steht aber nichts im Wege.  

Die berühmten Finsternisbrillen sind im August `99 wohl der meistverkaufteste Einzelartikel in den Optikgeschäften. Dennoch kam es zu einem Versorgungsengpass, was zu befürchten war. Schlägereien um die letzten Exemplare gab es ebenso wie einen Schwarzmarkt für diese Brillen mit Höchstpreisen von 50.- DM. Der übliche Verkaufspreis lag irgendwo zwischen „umsonst“, bis max. 5.- DM. Nur zur sicheren Beobachtung der partiellen Phase der Verfinsterung sind diese Brillen ein notwendiger Augenschutz. Trotzdem behaupteten die Medien, ersatzweise sind CD’s, rußgeschwärzte Gläser oder unbelichtete Diafilme verwendbar. Das enorme Risiko einer UV-A und UV-B-Strahlenschädigung der Augen hat man dabei unter den Tisch gekehrt.

Und nach vielen Vorbereitungen ist er da,

Der Tag E...

beginnt für uns bereits um 4.30 Uhr morgens, wegen Heike's Frühdienst. Von 6 bis 9 Uhr geht ihre Arbeitszeit. Wir planen, direkt von ihrem Arbeitsplatz in Kleinblittersdorf um 9 Uhr nach Hambach zu fahren.

Am Morgen zeigt sich eine aufgelockerte Bewölkung, wie an den vergangenen Tagen ebenso. Ich sage mir, das ist kein Grund zur Beunruhigung, aber die Tragweite der Vorbereitungen im Hinblick auf das unmittelbar bevorstehende Ereignis sorgt dennoch für Nervosität. Um 7.30 Uhr lade ich die Ausrüstung in's Auto, was sage und schreibe eine halbe Stunde dauert. Es ist 8.10 Uhr, als ich in Eppelborn losfahre. Beim Auffahren auf die Autobahn A1 kommt der erste Schock : STAU !...ist es Gott sei Dank nicht, eine kleine Wanderbaustelle sorgt lediglich für für einstreifige Verkehrsführung. Mehr Verkehr als sonst zu dieser Zeit kann ich nicht feststellen. Lediglich die Autokennzeichen sind exotisch. Von NK, SB oder SLS sehe ich nichts, hab' ich mich verfahren?

Vollkommen komplikationslos erreiche ich Kleinblittersdorf ohne jeden Stau um kurz vor 9 Uhr. Angereiste SoFi-Fans erreichen Saarbrücken über die A8, weniger über die A1, wegen der Beschilderung. Die Wolken entschließen sich, weiter zu verschwinden, und die Sonne ist zu sehen! Doch nur für kurze Zeit. Mit zwei Autos fahren wir nun in Richtung Hambach, und gottlob gelingt uns dies ebenfalls ohne den prognostizierten Stau !

Unübersehbar sind die besetzten Parkplätze mit SoFi-Touri's, und fremde Kennzeichen ohne Ende auf der Straße. Allmählich bedecken die Wolken den Himmel vollständig, und ich habe die Vermutung, dass der Sonnenschirm nicht zum Einsatz kommen wird. Gegen 9.35 Uhr fahren wir auf den Berg zwischen Woustviller und Hambach, aber die Befürchtung, hier wäre alles von Menschenmassen überlagert, bestätigt sich nicht. Überlagert ist allenfalls der Himmel. Er sieht nun dunkelgrau aus. Interessant sind die eingetroffenen Touri's . Ungarn, Schweiz, Belgien, alles bereits vertreten. Beim Aufbauen der 3 Stative haben wir, glaube ich, sämtliche Blicke auf uns gezogen. Nach und nach treffen weitere Zugereiste ein, aber keine Deutschen.

Um 11.10 MESZ startet die Bedeckung der Sonne durch den Mond. Zu dieser Zeit müssen wir in unseren PKW flüchten, weil der Wetterchef alle Schleusen öffnet!. Ein starker Regenguss geht nieder, und wir sind davon ausgegangen, dass alle unsere Vorbereitungen umsonst waren. So läuft bei fortgeschrittener Verfinsterung über den Wolken um 11.30 Uhr der Scheibenwischer auf Stufe 2, während anderenorts dieser Beginn noch gut zu beobachten ist. Doch der Regen lässt nach ,und um 11.50 Uhr lösen sich die Wolken langsam auf. Um 11.55 Uhr ist der erste Blick auf die etwa zur Hälfte verfinsterte Sonnensichel möglich. Gelegentlich ziehen einige unbedeutende Wölkchen vor die Sonne, doch ist im wesentlichen der Blick frei.  

11:59:49 MESZ 12:05:17 MESZ 12:16:30 MESZ 12:25:04 MESZ

Zum Vergrössern auf die Bilder klicken; je 2 sind auf einer Extra-Seite zusammengefasst.

Zur photographischen Ausrüstung

gehört eine Canon Spiegelreflexkamera EOS 1000 mit 300 mm Objektiv, eine Samsung-Hi8-Videokamera für die Landschaft, sowie eine weitere Grundig-Hi8-Videokamera für die direkte Sonnenaufnahme. 2 weitere, vorprogrammierte Videokameras zeichnen das Ereignis im 60 km nördlich entfernten Heimatort auf. Gegen 12.20 Uhr sind um die Sonne kaum noch Wolken festzustellen, jetzt sind es noch gut 9 Minuten bis zur Totalität, und die Spannung und Nervosität steigt. Viele SoFi-Touristen füllen den Platz an der Strassenkreuzung in der Nähe unseres Feldes.

Mit unseren 3 Stativen sind wir recht auffällig, und es gesellt sich ein Ehepaar aus Essen zu uns. Allmählich bemerkt man die Veränderungen in der Landschaft, es wird merklich düster, nicht nur wegen den Wolken in der Ferne. Vom Westen kündigt sich die Schattenwand an. Die Sonnensichel ist nur noch klein, das grosse Ereignis steht kurz bevor. 1 Minute vor der Totalität ist die Landschaft in ein unwirkliches, rötliches Licht getaucht. Ich empfinde, als würde in einem grossen Zimmer ganz langsam der Dimmer für die Lampe heruntergedreht. Ein eiskalter Schauer läuft mir den Rücken herunter. Im Radio heisst es, auf den Spicherer Höhen stehen die Wartenden in strömenden Regen.  

1 Minute vor Totalität Während Diamantring >>TOTALITÄT<< >>TOTALITÄT<<

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Um 12:29 Uhr brechen die letzten Sonnenstrahlen durch den Rand der Mondkugel, ein Strahl hält sich noch einen Moment, es ist der Diamantringeffekt. Schliesslich verschwindet die Sonne vollständig hinter dem Mond, und die Totalität hat begonnen. Schlagartig zeigen sich die rosaroten Protuberanzen, umrundet von der majestätischen Korona. Ein fantastischer, wenn auch fremdartiger Anblick.  

Grundig Cam1-Bild1 12:29:17 MESZ Grundig Cam1-Bild2 12:29:29 MESZ

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Samsung Cam2-Bild1 Grundig Cam1-Bild3 Samsung Cam2-Bild2 Grundig Cam1-Bild4

Die Technik

fordert ihren Tribut, und obwohl wir alle vollkommen begeistert nach oben sehen, spule ich mit leichter Verzögerung das Fotoprogramm ab. Durch div. Belichtungszeiten zeigen die Fotos die besonderen Eigenarten der Sonnenfinsternis. Jedoch kann kein Foto den optischen Gesamteindruck vermitteln, der uns gottlob ermöglicht war. Durch unglaubliches Glück waren wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort.  

12:29:22 MESZ 12:30:15 MESZ 12:31:32 MESZ 12:31:35 MESZ

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Grundig Cam1-Bild5 Grundig Cam2-Bild 6

 

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 für eine Animation 

der Finsternis

 

  Der ungekürzte Film zur TSE 1999. 

 

Die Zeit rast. Es sind sicher die kürzesten 2 Minuten unseres Lebens. Welch‘ eine Szenerie, es ist halb eins am frühen Nachmittag, und keine Sonne zu sehen! Der Blick zum Horizont lässt ein flaues Dämmerlicht erkennen, und das rundum. Es ist das Licht, dass aus der 130 km entfernten Tagzone hereingestreut wird.

Nicht zu leugnen ist der kühle Wind der Finsternis, der die Temperatur an unserem Ort von 20°C auf 18.5°C senkt. Ein T-Shirt hätte bisher ausgereicht, jedoch nun fröstelt es uns etwas. Das Vogelzwitschern ist zwischenzeitlich auch verstummt. Mir fällt auf, dass ich das Display der Kamera gerade noch ablesen kann, aber ich muss schon genau schauen. Nach den ersten Begeisterungsschreien von den Mitbeobachtern ist jetzt ehrfürchtiges Schweigen eingetreten. Zwar weiss man ja als sogenannter zivilisierter Mensch, dass die Sonne wieder kommt. Dennoch denkt man darüber nach, wie das ist, wenn das Lebenswichtigste plötzlich nicht mehr da ist. Der Horizont in der Ferne erscheint in einen gelb-rötlichen Farbton.      

Ein schnelles Ende der Totalitätsphase setzen die ersten Sonnenstrahlen, die nun auf der entgegengesetzten Seite des Mondes wieder hervorblitzen. Der Diamantringeffekt erscheint, und wenige Sekunden später sind Korona und Protuberanzen verschwunden. Die Uhr zeigt 12:31:38, als die letzte Aufnahme der Totalität entsteht. Scheinbar schlagartig ist es wieder hell; was natürlich täuscht, denn zunächst registriert das Auge nur einen recht schnellen Helligkeitswechsel. Zeit, wieder die Schutzbrillen und die Filter aufzusetzen.

Ein grossartiges Erlebnis, das ich erst einmal verarbeiten muss. Einige Minuten später herrscht bereits Aufbruchstimmung bei den Sofi-Touri’s. Die Kameras fangen noch einige Momente der partiellen Phase ein, doch dann schieben sich fette Wolken vor die Sonne, und um 12:44 Uhr beendet heftiger Regen jede Sichtmöglichkeit. Durch unglaubliches Glück wurden wir Zeugen eines Ereignisses, dass hier erst im Jahr 2135 wieder stattfindet.